~Intoxikation des Orpheus~
Samhain Ritual
Entwickelt von Fr. Bardolyrax / o:i
Bevor der Flaschengeist beschworen und in die Kehlen der Adepten fließen soll, muß der mythologische Ort aufgesucht werden. Man vergewissere sich, daß der Tag diesig und von Nebel verhangen ist. Des weiteren ersuche man den Beistand einer persönlich oder ideell bekannten Person, die als Schutzpatronin der Intoxikation des Orpheus beiwohnen soll.
Es bietet sich als ideelle Person ein verstorbener Dichter oder Magier an, der mit der Zeitepoche der Grünen Fee in Berührung gekommen ist oder in seinen Werken den Orpheus aufleben ließ.
Die Flasche wird in die Mitte des Tisches gestellt. Die Zimmerbeleuchtung wird abgedämpft.
Die anwesenden Adepten beginnen ein Gespräch über die nahende Ankunft des Halbgottes. Es bietet sich eine kurze Beleuchtung des mythologischen Hintergrundes an, in etwa dramatisch so dargestellt:
Vor langer Zeit wanderte er, nur mit der Leier gewappnet, im Wald einher. Sang schönste Lieder, war ganz in Liebe begriffen mit der Schöpfung allumher. Er formte seine Zunge zum liebstlichen Gesang, schlug auch mal tiefe Töne an, doch er wußte, daß er auf dieser Erde wandelte, die Geschöpfe zu erfreuen.
Die Musen liebten ihn alle, ausnahmslos. Sie wußten, daß wenn sie auf ihn träfen, er ein angenehmer Redner war. Ja, daß er Märchen und Sagen von Orten wußte, die sie schon längst vergessen hatten. Seine Kehle kam ihnen ganz vergüldet vor. Seine Gesichtszüge waren wohlgeformt, seine Augen blitzten. Er war jung und beschritt die Wälder und Weiden, da das Leben ihn aussandte.
So kam er bis an die Grenzen der Fruchtbarkeit; ödes Land, vulkanisches Gestein. Auch dort konnte er die Ohren erfreuen. Ein Lächeln zog sich alsdann über die Lippen der so Erfreuten. Selbst die Steine konnten bei seinem Gesang nicht stillstehen.
Doch weit im Verborgenen regte sich Unlust ob seiner Lebensfreude. Sein Haar war zu lockig, seine Beine setzten zu geschwind voran, zu leicht sein Auftreten insgesamt. Sie wollten ihn tot sehen, zerrissen in alle Winde, wie sein Gesang durch die Lüfte sollten seine Glieder fliegen.
Sie nahmen Holz und Stein, Lehm und Dreck und bewarfen ihn damit, wollten ihn zur Strecke bringen. Orpheus schritt weiter, hörte nicht auf, die frohe Kunde zu verbreiten. Er sang von grünen Feen, schönen, klugen Frauen und von der Lebenskraft, die ihn durchfloß. Seine Reisen brachten ihn über die ganze Welt. Im fernen Indien kannte man seine Klänge genauso wie im Dschungel Amazoniens. Er liebte den Lauf der Dinge, und zog über die Schwerter der Menschen her. Jeder Grenzpfahl galt ihm als ein Pfahl in sein eigen Herz. Wie von Sinnen raste er über die letzten Inseln des Glücks, den saftigen Wiesen und Gründen, besang sie und warnte ihre Bewohner vor der um sich greifenden Macht.
Die bösen Weiber scherten sich nicht um sein und der Erde Los, bewarfen ihn solange mit schweren Stücken, bis er bewußtlos zusammenbrach. Wild schreiend stießen sie auf ihn los, gruben ihre Krallen in sein weißes Fleisch, rissen es auseinander und flogen mit ihm in die Lüfte, wo sie es dann aus großer Höhe auf die braune Erde niederfallen ließen. Der Boden färbte sich mit Orpheus‘ Blut, die Erde wurde ganz durchtränkt. Es sollte mehrere Wochen ununterbrochen regnen, denn der Himmel gesellte sich zur Erde in ihrer Trauer.
Orpheus indes beschritt andere Wege. Er suchte sich in der Unterwelt Verbündete zu gewinnen, die ihn erneut auf die Erde zurückbringen konnten. In seinen wahllosen Streifzügen durch die vielen Höhlen stieß er auf drei Brüder, die sich eines Abends zum Trank und geselligem Beisammensein eingefunden hatten. Sie saßen um eine kleine Flasche mit grünem Inhalt. Wenn sie ab und zu, während der andere sprach, ihre Aufmerksamkeit auf den Zierkorken lenkten, vermeinten sie, eine Kraft würde von unten gegen ihn drücken und aus der Flasche entweichen wollen. ...
Sie haben, als sie die Flasche gekauft hatten, von dem Händler erfahren, daß diese Flasche aus Griechenland stamme und die grüne Farbe des Weinbrands von dem Blut Orpheus‘ herrühre, das Naturwesen in kleinen Phiolen aufgenommen hätten. Einige dieser Phiolen hätte ein Hirte in Thrakien gefunden, als eines seiner Tiere überraschend ins Dickicht ausgebrochen war. Er hätte weit und breit keine Menschenseele gesehen, die die Flaschen hier hätte ablegen können. Er nahm die Phiolen an sich und verkaufte sie am nächsten Markttag an einen Händler, der sie nach ganz Europa verschiffte.
So seien die Phiolen nach Deutschland gekommen. Es gebe, so der Händler, ein besonderes Ritual, sie zu öffnen.
Der Adept bereitet eine Flasche mit dem Geist der Grünen Fee vor. Er brennt den Zucker ab, läßt ihn in den Schlund des Glases abstürzen, rührt mit dem Löffel um. [Es wäre vorteilhaft, wenn man zunächst mit dem Abbrennen des Zuckers und der Einnahme des Absinths wartet. Zuvor müssen noch folgende Schritte begangen werden.]
Man muß nun die Zitation eines lyrischen oder musikalischen Stücks begehen, da man sich in die Rolle des Orpheus versetzt. Man nimmt allmählich seine Gottform an. Dazu ist es erforderlich, daß man ausreichend Kenntnisse aus seinem Lebenslauf besitzt. Durch die vorgängige Erzählung und durch die anschließende Zitation wird eine Einstimmung der Adepten auf den göttlichen Bewußtseinszustand gewährleistet.
Es ist keine besondere rituelle Kleidung notwendig, da Orpheus ein Sänger und Dichter seines Volks war, durch seinen beispielhaften Lebenslauf berührt er über Sprach- und Verständnisgrenzen hinweg den wandernden Barden, der in unbeschienener Nacht seinen Weg durch die Tücken und Schlingen der Geschichte sucht. Nur wer eine kräftige Stimme sein eigen nennt, die auch im Sturm nicht versagt, wird über die Wirbel der Zeit hinwegbestehen.
So, wie sich heute die Dichter und Propheten kleiden, so kleidet sich Orpheus in der Unterwelt immer noch. Wir können zu ihm vordringen, mit ihm in den Kanon einstimmen, wenn wir seine Stimme aus der Zeit zurückholen. Den Blick nicht nach hinten wenden, sondern uns unserer Gegenwart ansichtig werden.
Aus der Tiefe der Zeit erreicht uns ein Klang von Silben und Tönen, die seit Urbeginn vorhanden waren. Was wir heute in unserer Sprache ausdrücken, schließt den Kreis zum Wirken der Götter auf Erden. Sie wirkten schon vor tausenden Jahren, wirken auch heute noch (Wenn wir ihnen Anteil an unserem Schicksal geben. Das können wir am besten durch Gesang und Dichtung, denn diese Werke zeichnen sich durch eine längere Haltbarkeit als flüchtiges Geschwätz aus. Besonders, wenn sich heutige Dichtung an mythischen Vorbildern orientiert.) und werden es wohl auch in Zukunft tun.Wenn wir Verse im Andenken an Orpheus rezitieren oder Lieder singen, die ihn begreifen wollen, holen wir ihn aus den dunklen, weitverwinkelten Höhlen der Unterwelt in unsere Mitte zurück.
Den Orpheuskult können dementsprechend nicht nur einfühlsame Geister zelebrieren, sondern talentierte Künstler, die wissen, wie man mit Sprache, den Instrumenten und der Stimme umzugehen hat.
Leihen wir nun unser Gehör einem orphischen Bruder mit Namen Elmar Schilling, der in der heutigen Nacht ein Gedicht an unseren Halbgott vortragen wird.
nach Ov. met. 11
Orpheus schritt, durch Thrakien wandernd, mit verzauberndem Gesang
durch den Wald. Die warme Stimme rührte Stein mit ihrem Klang.
Rings erhallten hohe Bäume, bebend, rauschend, bange raunend,
Und die wilden Tiere wichen, standen still, gezähmt und staunend.
Unter Buchen, Eichen, Föhren
war kein andrer Laut zu hören.
Auf der Höhe eines Hügels kauern nun Kikonenfrauen,
die sich sinnenscharf bemühen, diesen Sänger zu erschauen.
Ihre Brüste, rauschdurchbrandet, brennendheiß vor Todesgier
decken bloß die blut’gen Felle von getötetem Getier.
Selbst zerriss’ne, tote Haut
Lauscht dem sanften, süßen Laut.
Freier Gott, du unser Meister. Mächtger Herr, des Weinrauschs Wächter!
Seht, da singt ganz friedlich Orpheus, Freund Apolls und dein Verächter!
Der Mänade Haare wehen in dem Wind, der nun erwacht
Und sie ruft: Laß mich dir reichen den Beweis für Weingotts Macht!
Und den Thyrsos wirft sie wütend,
Über Brand und Rache brütend.
Grüne Blätter großer Bäume spießt der Stab mit scharfem Laut
aber nur ein Mal, ein mattes, setzt er auf des Sängers Haut.
Und die nächste der Mänaden schleudert einen starken Stein,
doch das Lied zum Leierschlage schläfert ihn im Fluge ein.
Und als wollt’ er still ihn grüßen,
liegt er Orpheus stumm zu Füßen.
Wütend schreien die Mänaden, schroffer Urlaut dröhnt ringsum.
Krummgehörnte Pfeifen schallen, und es kracht das Tympanum.
Klatschend schlagen sie die Leiber, lärmender Gesang erklingt,
bis des Orpheus klare Stimme nicht mehr durch das Dröhnen dringt.
Lärmversunken, kann sein Singen
Stock und Stein nicht mehr bezwingen.
Und so treffen nun die Steine hart des Sängers Haupt und Leib,
Einen Erdkloß wirft das eine, einen Ast ein and’res Weib.
Seine Schläfen, seine Augen treffen sie in blanker Wut,
und aus klaffend roten Wunden rinnt des Orpheus warmes Blut.
Wenn auch starker Schmerz ihn sticht,
stockt ihm doch die Stimme nicht.
Voller Haß ergreifen sie und voller Wahn die wilden Tiere,
die dem Orpheus friedlich lauschten im belaubten Waldreviere.
Felle reißen, Blut enthüllend und die bläßlichen Gedärme,
und es schwirr’n herbei in Mengen schwarzer Fliegen große Schwärme.
Und am Boden, blutig, stumm,
liegt des Sängers Publikum.
Auf den Sänger werfen sie die rebengrün umrankten Stäbe,
greifen Steine, Äste, schauen, wo es weit’re Waffen gäbe.
In der Nähe ziehen Rinder ruhig den Pflug durch dunkle Erde -
sie zerfleischen roh die Tiere mit des Wahnsinns Wutgebärde.
Als die Bauern flieh’n, da packen
sie die Karste und die Hacken.
Orpheus, nicht im Singen schweigend, sieht die Weiber wiederkommen,
in der Wildheit ihres Wütens sieht er gleich sein Licht verglommen.
Seine Hände fleh’n erhoben zu den Göttern, die ihn lieben,
Doch der harte Herr der Liebe ist das Schicksal stets geblieben.
Und die hochgereckten Hände
hindern nicht das dunkle Ende.
Wütend krallt mit Eisenklauen die Bacchantin sein Gesicht,
seine Nackenwirbel krachen, und das schlanke Rückgrat bricht,
Augen, Mund und Haare packend, reißen sie den Kopf vom Rumpfe,
und die roten, heißen Wellen strömen sprudelnd aus dem Stumpfe.
In sein Auge, schon gebrochen,
Bohren sich geborst’ne Knochen.
Haupt und Leier schleudern schließlich in den Hebrosfluß die Frauen,
Und es tanzt auf lichter Woge, wiegt sich durch die kühlen Auen.
Da erschallen sanft die Saiten, da ertönt aus totem Munde
noch ein Wehgesang den Wellen, Worte seiner letzten Stunde.
Und die trauernde Kamoene
hört voll Schmerz die holden Töne.
In die Unterwelt steigt Orpheus, die elysischen Gefilde
zu durchsuchen nach dem einen vielbegehrten Schattenbilde.
Sie, Eurydike, umarmt er endlich nach so langer Zeit;
ohne Angst genießen beide nach der Not die Seligkeit.
Nie entschwindet mehr der Schatten
seiner Gattin ihm, dem Gatten.
Bacchus aber, schmerzvoll bebend, rächt den Sänger an den Weibern:
Als sie noch den Wald durchschreiten, weckt er Schmerz in ihren Leibern,
Durch die starren Füße stechen Wurzeln, die den Grund ergreifen,
aus geborst’nen Häuptern brechen Äste, die die Luft durchschweifen.
Sie, die dort als Bäume stehen,
denken stets an ihr Vergehen...
Die Zeit ist nun gekommen, den Flaschengeist hervorzurufen und zu verinnerlichen. Er soll nicht neben uns sitzen, uns auch nicht in leiblicher Gestalt erscheinen, wir wollen ihn zu unsrer Herzensangelegenheit machen, das heißt daß wir seinen Geschmack auf unserer Zunge spüren wollen, seine wohltuende Kraft, wenn er durch unsere Kehle in den Magen rinnt, in uns aufnehmen.
Nachdem die Adepten die verflüssigte Seele des Absinths in sich aufgenommen haben, schließen sie die Augen und stellen sich bildhaft vor, eine grüne Fee würde sie auf beide Wangen küssen. Sie werden von nun an gestärkt in die weite Welt hinausgehen können, um dort den Gesang des Orpheus anzustimmen. Menschen, die nie von ihm gehört haben, allein durch die Schönheit ihres Gesangs oder wahlweise auch der Rede davon überzeugen, daß Orpheus‘ Schicksal längst nicht besiegelt ist. Die Welt kann stets von neuem erblühen, geläutert werden durch seinen Gesang.
Er ist nicht tot, er irrt nur umher. Solange die Menschen schlafen und ihre Ohren mit Wachs verschließen, kann er nicht zurückkehren. Er muß gerufen werden, seine Wärme gespürt werden. Ja, die Menschen müssen von ihm ganz und gar ergriffen werden!
Und siehe da! er ist zurückgekehrt, nur mit einem Laubkleid bedeckt. Nun, da der Herbst die Bäume entkleidet, der Lebensfluß versickert und der Mensch von Nebel verhangen wird, rufen wir Orpheus an, daß er uns durch diese dunkle Jahreszeit geleite und die Wärme eines pochenden Herzens spüren läßt.
II – Zerstückelung des Gottbildes
Wir dürfen uns nicht über das eigentliche Schicksal dieser charismatischen Gestalt hinwegtäuschen. Er fiel einer Zerstückelung zum Opfer. Harmonische Verhältnisse sind äußerst fragil; Unwetter, menschliche Katastrophen, Unglücksfälle zerstören unser idyllisches Bild. Aufgrund dessen mußte auch Orpheus aus Neid aus dem Leben scheiden. Sein Abschied war ein wörtlich dramatischer.
Niemand kann ewig leben, so auch Orpheus nicht. Weil wir uns der Kontingenz allen irdischen Lebens im Auf und Ab, im Vergehen und Auferstehen, im Niedergang und Aufgang bewußt sind. Ja, weil die Natur selbst oft in Zyklen wiederkehrt – man denke an die Jahreszeiten oder den Sonnenlauf, dürfen wir Orpheus nicht als einen Gott wahrnehmen, der allein die schönen, wahren und guten Werte hochhält, von der Schattenseite jedoch nichts wissen kann oder noch schlimmer: nichts wissen will.
Wir müssen unser im Teil I begonnenes Gespräch in eine andere Richtung führen: zerschlagen müssen wir seinen Körper, der uns in unschuldiger und wohlgebauter Gestalt entgegen getreten ist.
Dabei können wir nicht wie vorhin im Mythos bleiben, denn der Mythos umfängt uns. Wir schaffen uns unsere eigenen Mythen, jeden Tag bringen wir die alten Götter wieder in unsere Überlegungen und Handlungen mit anderen Menschen ein. Die Gottesform erreichen wir zumeist nicht; wir imitieren die Grundmuster der Göttersagen und Abenteuer, finden Lösungen für unsere Probleme. Wir können aber mythologische Bilder nicht mit mythologischen Bildern zerschlagen, denn wir blieben im selben Verständnis befangen. Wenn in der Welt der Mythologie ein Gott zerschlagen wird, stirbt er nicht wirklich, er bleibt im Mythos erhalten. Die Geschichten über ihn können zu jeder Tages- und Nachtzeit wiederholt werden, er kann bis zu hundert Mal am Tag mythologisch getötet werden, also im Mythos sterben. Deshalb findet man in vielen Mythen wahrscheinlich auch die Rückkehr eines solchen Gottes aus der Unterwelt, denn sie sterben nur innerhalb der mythischen Welt.
Um Orpheus rituell zu töten, den Gott ihm auszutreiben, bedienen wir uns drastischer Bilder. Bilder, die eine andere Sprache sprechen, die kein Lied von ihm anstimmen können, die aber mit ihm seltsam verbunden sind.
Brutale Horrorfilme, die den bildlichen Schrecken am menschlichen Körper auslassen, die das Tabu der Unverletztbarkeit des fremden Körpers nicht einhalten, die bewußt Grenzen überschreiten.
Sie sind unsere Schergen des Todes, denen wir den orphischen Geist eintreiben wollen, auf daß wir bei Betrachtung ihrer Szenen das harte Los Orpheus‘ verstehen lernen.
Die bei Betrachtung dieser Stückelfilme freigesetzte Energie werden wir auf die Zerstörung des orphischen Gottbildes verwenden. Wir werden Vergnügen oder Abscheu bei den Filmen verspüren, uns in die Lage des Täters oder Opfers versetzen, und auf solche Art und Weise das Drama der Zerstückelung des Orpheus nachspielen, ohne selbst Hand anlegen zu müssen.
Indem es Filme sind, die diese Handlung für uns vollziehen, schaffen wir Geistwesen, die an unserer Statt den Gott zerstückeln. Dramatische Werke und bewegte Bilder besitzen den scheinbaren Nachteil, daß sie aus mehreren Personen zusammengestellt werden, und so nicht von einem Willen gesprochen werden kann, den sie für unser Statt ausführen.
Das trifft jedoch bei genauerer Überlegung nicht zu: Filme veranschaulichen bildlich komplexe Kulturprozesse, spitzen sie aber auf Handlungslinien zu. Erst in der Interaktion zwischen einzelnen Personen, auch fiktionalen, können wir den Niederschlag mythischer Gottformen verstehbar machen.
Orpheus ging nicht allein über diese Welt – so wie die Filme auch nicht die Erfahrungen und Erlebnisse eines Einzelnen schildern, sondern eine breitere Menschenmenge umfassen.
Nach dieser Nacht werden wir in und mit Kunstwerken, die Mittler zu Anderswelten und Verstärker von transzendentalen oder metaphysischen Wesen sind, den Umfang menschlichen Lebens und Sterbens erfahren haben.
Zur weiteren Nachforschung empfohlen:
Irtenkauf, Dominik: ein längerer Essay zur Geisterarbeit. In: Barbara Roca (Hg.): Materialien zur Goetia, erscheint vss. Leipzig 2005 im Bohmeier Verlag.
Jünger, Ernst: Auf den Marmorklippen, Stuttgart 1994 [= Erstausgabe 1939].
Schönwetter, Christian: Orpheus in der Gegenwelt – kritische Gedichte, München 2000 [= Werkedition Sonnenstrahl; Bd. 1, Selbstverlag].
Hannes Wader singt Bellman: Liebe – Schnaps – Tod, Album 19??.