Konzepte & Gedanken im Fluß – Schriften zum o.i:






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Moderne Westliche Magie“

Versuch der zeitgemäßen Umschreibung einer ewigen Kraft

frater ZZ, O:T:R:D:, o.i


(aktuelle Version: 1,31/ Mai 2005)







Index:


0 Einstieg

I Eine Weltsicht, die sich wie eine Schlange windet: Der Magie auf der Spur

II Glauben oder Wissen – Definitionen

III Was daraus folgt – Maximen





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Einstieg


In den letzten Jahren konnte ich beobachten, wie sich immer mehr Menschen in meiner Umgebung von der Frage nach der Magie angezogen fühlten. Ob in Hinwendung oder Skepsis, lässt ihnen das Erforschen dieses obskuren Bereiches keine Ruhe. Vielleicht reizt viele vor allem die grundlegende Distanz zu dieser Materie, die sich für einen in unserer rational geprägten Gesellschaft aufgewachsenen Menschen daraus ergibt, dass eine Einordnung in das derzeit herrschende wissenschaftliche Weltbild nahezu nicht möglich ist. Der Bereich, den man mit dem Begriff „Magie“ umschreiben kann entzieht sich jeder Kategorisierung, lässt sie sich nicht in feststehende Definitionen zwängen, sondern bleibt stets unbeugsam, wandelbar und sehr individuell.

Freilich ist jegliche esoterische Thematik bereits verformt von allerlei Vorurteil und Klischee und Geschmacksverirrung. Wer es aber dennoch wagt, sich in ernsthafte Literatur einzulesen und letztlich auch Erfahrungen dieser ungewohnten Art, sich und die Umwelt zu erleben, findet schnell heraus, wie intensiv er in diese Beschäftigung „einsteigen“ möchte. Das Hauptproblem, für den der sich der Magie vorsichtig nähern will, ist dass eine bejahende Entscheidung Voraussetzung ist.. Anschleichen mit Vorbehalten wird nicht weiter bringen – wer sich die Frage stellt, was ihm die Beschäftigung Magie überhaupt bringen soll, der wird nichts erleben können. Nur im Abbau der skeptischen Distanz, in der Hingabe zur Erfahrung und der Bereitschaft, das feste Bild seiner selbst, wird sich die Erkenntnis offenbaren, warum es die ganze Anstrengung wert ist.

Zunächst möchte ich die häufig gestellte Frage „Was ist für dich Magie?“ ein wenig erhellen. Neben einer für mich derzeit gültigen Definition möchte ich noch allerlei Erläuterungen für den interessierten Laien, Begriffsklärungen für den verwirrten Novizen und auch sonst so einige Überlegungen zusammenfassen. Ich denke, es entspricht der Zeit, altes Wissen und junge Ideen nicht hinter dicken Wänden und Geheimniskrämereien zu verstecken, um es vor ungeeigneten Augen zu schützen, sondern offen den Diskurs mit allen zu suchen, die es wünschen. Wer geeignet ist, tiefer unter die spiegelnde Oberfläche der Worte zu schauen, wird begreifen, worum es geht, der andere bleibt ohnehin stets unwissend. Nur wenige werden wirklich den Richtigen Zugang finden; er ist gleichermaßen denen versperrt, die kein höheres Ziel kennen, wie auch jenen, die zu viel begehren oder falschen Zwecken folgen. Sei's drum; zu viele menschen sind blind in ihrer Fähigkeit zu erkennen und zu unterscheiden – es ist an der Zeit, dass die Menschheit endlich eine Evolution der geistigen Selbstverantwortung durchlebt!


Der erste grundlegende Schritt, sich der Magie zu nähern, muss es immer sein, eigenständiges Denken und Handeln zu üben, um unterscheiden zu können, was sich einem als richtiger und falscher Wegweiser darbietet. Denn ohne Zweifel ist Magie genausoweit gefährlich, wie nützlich – denn alles, was dich heilen kann, kann dich auch vergiften. Deshalb muss dieser Weg mit viel Umsicht und Weltweisheit angegangen werden. Für den, der es gemeistert hat, beherzt einen eigenen Pfad im Leben zu gehen, ist das Betreiben von Magie nur mehr ein weiterer Schritt; um Nebenwirkungen zu vermeiden muss jeder Praktizierende sich an einige simple Regeln halten. Er sollte stets mit Disziplin und Respekt vor dem Unbegreiflichen vorgehen und genau beobachten, was seinem Körper und Geist wohl tun oder schaden kann.

Dennoch gilt es immer, mutig voranzuschreiten, um die nächste Schwelle zu überqueren – Angst ist in jedem Fall der falsche Ansatz. Wer darum fürchtet, seinen Verstand zu verlieren, sollte lieber einen anderen Weg einschlagen, denn Magie verträgt keine Handbremse, sie lebt von der Lust am Ausprobieren, Beobachten – zugleich aber dem Prinzip der Selbst-Verantwortung. Wer noch nicht fähig ist, seine eigene Entwicklung zu observieren und zu bewerten, wer nicht bereit ist, für die Folgen, die er durch sein Tun zeitigt, einzustehen, muss freilich die Finger von der Magie lassen und zunächst auf seine persönliche Entwicklung wert legen. Aber das gilt für jeden Menschen, der heranwachsen möchte zu einem mündigen Bürger. Ein labiler Geist sollte auch besser nicht zu Wahlen gehen, nicht die Nachrichten sehen und (vor Allem) keine Kinder zeugen, weil er sonst Schaden an sich oder Anderen anrichten könnte. In allen Bereichen des Lebens besteht letztlich die vordringliche Aufgabe für jeden Menschen, eine innere Moralinstanz zu errichten, die die Richtigkeit seiner Entscheidungen beurteilen hilft und ihm Hilfen gibt, der ständigen Manipulation von Außen zu entgehen.

Freilich ist es es den meisten Menschen einfacher, Fortschritte zu machen, wenn sie nicht ganz auf sich allein gestellt sind, sondern in einer Gruppe eingebunden sind. Das kann geschehen, indem man sich in eine Tradition stellt, um auf dem Weg die Erfahrungen der Vor-Gänger nutzen zu können. Oder aber man sucht sich eine Gruppe Gleichgesinnter, die sich so mit Rat und Tat beistehen können. Auch sollte sich der Anfänger immer klar machen, wie weit er ist und sich dementsprechend seinen Zielsetzungen strenge Grenzen setzen und sich fürs erste nicht darüber hinaus wagen. Der Fortgeschrittene wird wissen, was das Richtige zu tun ist, ohne stets das Fangnetz des Nachgrübelns zu brauchen – doch bis dahin ist es ein weiter Weg. Wir müssen hart kämpfen, bis wir (wieder) gelernt haben, wieder unseren Instinkten zu vertrauen...





I

Eine Weltsicht, die sich wie eine Schlange windet: Der Magie auf der Spur


1. Zugang finden


Die Magie ist eine Weltsicht, die zugleich eine veränderte Welt-Sicht mit sich bringt und voraussetzt. Ein schräger Blick auf die Welt, also der Wille, die Dinge & Wesen darin, anders wahr zu nehmen, als andere es tun, ist Voraussetzung, um überhaupt Zugang finden zu können. Denn er ist verborgen, dicht verwachsen von einem Dickicht an falschen Wegweisern und eingebildeten Ausgängen. Nein, so einfach ist es nicht – man muss sich schon gehörig anstrengen, um sich zwischen all den falschen Propheten und unwissenden Ratgebern zurechtzufinden.

Dem Skeptiker, den seine Natur stets zu fragen drängt, wie, „Warum suchst Du eigentlich diesen Zugang?“, kann ich eine simple Antwort geben: Weil dieser Weg für mich einem inneren Plan zu folgen scheint. Ich gehe wie im Traum voran und setze einen Schritt vor den nächsten und so komme ich immer vorwärts!

Dann mag die Frage folgen: „Was aber nutzt es mir, dir auf diesem Traumpfad zu folgen?“ Auch hier ist die Antwort einfach: Nichts! Es ist völlig sinnlos, wenn Du mir einfach nachzulaufen versuchst; vielmehr musst Du deinen persönlichen Pfad selbst entdecken. Zudem hat der, der immer nur nach dem Ziel fragt, den Sinn des Weges bereits verfehlt. Wer so zweck-gerichtet denkt, sollte vielleicht lieber in der Konsens-Realität seine Antworten suchen, die weltlichen Lehranstalten besuchen und sein Leben einzig nach praktischen Erwägungen gestalten. Für ihn ist der oft verschlungene und Umweg gehende weg der magie sicher der falsche, denn er erfordert eine Menge Geduld von dem der ihn beschreitet.

Mit einer rein sachlichen Weltsicht ist die Suche nach dem innersten Kern in sich selbst nicht zu bewältigen, schon gar nicht zu begreifen. Es ist eine Expedition ins Unbekannte, ein großes Abenteuer, dass viel Mut und Selbst-Verantwortung benötigt. Niemand wird vorankommen, der alle hundert Meter nach dem Zweck der Reise fragt! Wer zudem glaubt, Magie sei einfach eine Fähigkeit, die man erlernen oder stets abrufen kann, wie das Lesen, das Radfahren oder Jonglieren (obwohl ein wenig Übung und Geschick sicher nötig sind), muss gleich eine erste Illusionen ablegen: denn die Magie ist nicht ein Zustand ständiger Erleuchtung, die wie eine Glühbirne immer gleich hell leuchtet. Sie ist vielmehr eine mühselige Reise, ein stetiger Erfahrungs- und Entwicklungsweg, auf dem man aber mit der Möglichkeit immer neuer Entdeckungen belohnt wird.


2. der Weg des Erstaunens


Magie ist deshalb ein so schwer zu umreißender Bereich, weil sie kaum mit Mitteln des Verstandes zu begreifen ist. Alle Erklärungsversuche sind bloße Modelle, alle Erfahrungen nur Momentaufnahmen. Diese Erfahrung selbst wandelt sich, steht nicht still, lässt sich nicht festhalten. Der einzige Weg, auf diesem Weg Fortschritte zu machen, ist es daher, dich selbst & deine Erfahrung weiter zu entwickeln, stets neue Entdeckungen zu machen. Magie besteht nicht so sehr im Finden einer tiefen und unumstößlichen Wahrheit, als vor allem im beständigen Aufrechterhalten des Erstaunen !

Gerade deshalb erfordert dieser Weg die Bereitschaft, dein bisheriges Denken, das von Logik und fest stehenden Begriffen geprägt war, und auch dein Bild von dir selbst aufzugeben – idealerweise in einer Explosion als würde man einen alten Spiegel zerschlagen, auch wenn ,man sein Bild darin lieb gewonnen hat. Die innere Entwicklung aber kann erst beginnen, wenn du bereit bist, alles los zu lassen, was du bisher zu wissen, zu haben und zu sein glaubtest! Die Reise führt dich zunächst ins Ungewisse, weg von vertrauten Landschaften, in ein verdrehtes und seltsames Denken hinein. Frage dich selbst: bist du begierig nach neuer, tieferer Erkenntnis und bereit, auch früheres 'Wissen' dafür aufzugeben? Dann beginne die Reise lieber heute als Morgen, denn keine Sünde wiegt so schwer, als das Morgengrauen der blühenden Lebenskraft zu verschwenden, mit dem eitlen Versuch, seinen Platz in der Seifenblase der materiellen Ordnung zu sichern.


Wenn du die Reise antreten willst oder vorankommen in dem Verständnis des Dings, dasnicht zu verstehen ist, dann frage dich, wie sehr du in deinem Leben folgende Leitsätze, die ich für eine Entwicklung für essentiell halte, beherzigst:


  1. Nichts ist real! Die Welt um uns ist eine Illusion unseres Geistes. Erst wenn wir lernen, ohne Emotion und unter Ausblendung unserer antrainierten, von außen konditionierten Sichtweise zu sehen, dann können wir verstehen.

  2. Nichts steht fest. Alles fließt und wandelt sich beständig. Wovon du glaubst, es sei für die Ewigkeit gebaut, ist morgen schon zu Staub zerfallen und im Winde verweht.

  3. Traue keinem Menschen und keinem Gott. Nur du selbst lenkst dein Schicksal!

  4. Vertraue nur deinem tiefen Erleben – darin einzig liegt Wahrheit. Stütze deine Glaubenssätze nicht auf Erkenntnisse anderer; auch nicht auf erlerntes Wissen, das trocken und tot ist; & nicht auf Erinnerungen, die trügerisch sind.

  5. Gib deine Ideale auf. Mit jedem Morgen reift ein neuer Glaubenssatz heran, mit jeder Nacht stirbt er wieder!



3. Ein spiralförmiger Pfad


Der Weg der Magie folgt einem spiralförmigen Pfad, nichtlinear führt er den immer näher zur Mitte, der seine fraktale Spur zu lesen weiß. Der, der sich in immer gleicher Richtung bewegt, wird nie vorankommen! Wer weiterkommen will muss auch Umwege in Kauf nehmen. Beachte also in welchem der konzentrischen Kreise du dich befindest – ein anderes Verhalten und andere Denkmuster werden jeweils nötig und bedeutsam werden. Es gilt, genau zu unterscheiden, was für dich in diesem Moment richtig ist und was nicht.

Als Neuling wird für dich alles graue Theorie sein – interessante Phantasien aus Erzählungen Anderer, vielleicht alter Männer, lang begraben, oder noch lebendiger, doch von Irrsinn ausgezehrter Wahnsinniger – es fasziniert dich, doch du hast auch Angst. Du bist verwirrt. Was soll das alles bewirken? Was ist gut und was schlecht? Diese Fragen beherrschen alles – handle also nach den Vorgaben, die dir durch sie entstehen. Es ist in jedem Fall eine Außenschau auf einen. Ohne eigene Erfahrung ist dir ein tieferes Verständnis nicht möglich.

Der junge Adept hat den labyrinthischen Weg bereits betreten. Er ist einige Schritte gegangen, hat den blick zum Ausgangspunkt schon fast verloren,. Wann war das? Wie dachte ich damals noch? Es ist schon so weit zurück, fast vergessen.... zugleich ist aber auch ein Ziel weit entfernt und oft verlässt ihn noch der Mut, ob er nicht umkehren solle. Dann aber überwiegt die Neugier und er geht voran, in der Hoffnung, immer neue Erfahrungen zu machen. Das Paranormale, die psychischen Spielchen und Rituale werden ihm zum täglichen Brot. Er geht von einem Erleben zum nächsten, wie man Marksteinen an einem Weg folgt, doch er sieht noch nicht das Gesamtbild des Mosaiks, auf dessen Steinchen er sich bewegt. Noch immer fragt er nach Zwecken und Gründen und sucht nach Erklärungen die ebenso in sein altes Weltbild passen können wie in sein neues.

Der fortgeschrittene Adept folgt seinem Instinkt. Er weiß, was er zu tun hat – und wenn ihm auch die Fragen und die Suche nach dem Weiterkommen nicht zur neige gehen, werden die Momente der Fragen und der Unsicherheiten doch weniger. Er braucht keine gründe mehr für sein tun – das sein selbst leitet ihn. Wissen im alten Sinne braucht er nicht mehr als Erklärung – sein Wissen ist ein tieferer, innerer Zustand, wenn die Dinge im Lot sind, ihren Platz einnehmen, ist es recht. Sein altes Weltbild verblasst immerzu und eine magische Sicht der Dinge erklärt seine neue Realität. Wie ein Kristall wächst sie heran um den Kern seiner Erfahrung.

Der Meister schließlich wendet sich ab von der Suche. Er ruht in sich selbst – er ist am Ziel angekommen in dem Moment, da er selbst das Ziel wird. Die Verwandlung kommt zum Ende. Er hat keine Eile, nichts macht ihm angst. Zeit und Raum bewegen sich nun anders – seine Gedanken schweifen umher und erkunden Äonen, während sein Körper noch die alte zeit in Herzschlägen zählt. Doch es werden immer weniger, bis der Leib sich schließlich auflöst und die Seele freigibt für ihre weitere reise als reiner Geist. Mehr kann ein Mensch nicht erreichen, als den glücklichen Tod, der in der willentlichen Auflösung liegt.


Es ist wichtig, sich immer genau bewusst zu sein, auf welcher Stufe du gerade stehst, denn deine Wahrnehmung wird jeweils eine andere sein – und nur mit dem Wissen, wo du selbst stehst, kannst du dich an den beobachteten Konstellationen orientieren...



4. Weisheit wächst mit dem Willen zum Wandel


Der Pfad der Weisheit windet sich wie eine Schlange um den Baum der Erkenntnis – die Stufen Yggdrasils liegen vor dir, dem, der sie besteigt wird die Ordnung der Welt offenbar. Der Weg ist intuitiv zu meistern, wenn Du deiner inneren stimme folgst. Gleichwohl kann der am Boden steht, die Krone des Baumes nicht sehen und der am Gipfel ist, hat kaum mehr Verbindung zum irdischen Sein. Die Magie weist dir den Weg, dennoch bleibt sie niemals stehen; sie flieht beständig vor dem, der es nicht lernt, auf den Schatten zu tanzen, zwischen den Dimensionen zu wandern, um immer einen Schritt voraus zu sein. Dann erst kannst du auf der Welle reiten, wie ein König vor seinem Heer!

Überstürze jedoch nichts – der Wille zum Wandel wächst nur langsam in dir heran. Gehe also in kleinen Schritten voran. Folgendes kannst du immer dafür tun –




II

Glauben oder Wissen



1. Versuch einer Definition


Auch wenn es immer leichter ist zu sagen, was sie nicht ist, möchte ich mich doch an eine Definition des Begriffes Magie wagen, mit der, denke ich, eine große Zahl derer leben können, die sich heute damit beschäftigen (dennoch bleibt es nur ein Vorschlag, eine Art und Weise, wie man versuchen kann, das Unbegreifliche zu begreifen):

Magie in diesem Sinne ist definiert als ein gedachter Freiraum, der das Irrationale zulässt und Intuition in den Vordergrund stellt, also den zufälligen und unterbewussten Prozessen der menschlichen Psyche näher kommt, als eine exakt-mathematische Bestimmung. Ausprobieren, Erfahren, Spiel & Spontaneität sind meiner Ansicht nach zentrale Merkmale einer magischen Weltsicht und sollten nie durch neue oder alte Dogmen bzw. deren bloße Opposition ersetzt werden. Wichtig ist dabei das Observieren und Anerkennen von Wirkungen, nicht so sehr, deren Herleitung (im Sinne eines Beweis) oder gar Wiederholbarkeit. Was genau es ist, das unsere Psyche „ausschlagen“ bzw. „schwingen“ lässt, ist nicht von Bedeutung! Dies ist die Freiheit der Magie, im Vergleich zur strengen Wissenschaft – eine Erklärung muss nicht gefunden werden, das Erlebte kann auch als rein subjektiv bzw. momentbezogen aufgefasst werden.

Dennoch fußt eine moderne magische Weltsicht (wie die hier vorgestellte MWM sich begreifen möchte) auf den Errungenschaften der Geistes- und den Naturwissenschaften. Erkenntnisse aus Physik, Biologie, Philosophie, Philologie Sozial- Rechts- und Staats- sowie Geschichtswissenschaften werden stets in kritischen Zweifel gezogen, aber nicht außen vor gelassen. Keine dieser Wissenschaften wird als absolute Wahrheiten begriffen, sondern als mehr oder weniger in sich geschlossene Denkmodelle. Daraus, dass ein solches Modell in bestimmten Anordnungen beweisbar oder widerlegbar ist, folgt noch nicht dessen universelle (Un-)Wahrheit.

Abzulehnen ist in jedem Fall ein reduktionistisches Weltbild, wie es von Pythagoras bis Einstein vorherrschte: die Illusion eines überschaubaren, stets berechenbaren Systems wird nur am Leben erhalten durch die Ideologie, alles sei irgendwann berechenbar. Das Universum aber ist chaotisch durchsetzt vom Größten bis ins Kleinste – der Traum, alles sei in einfachen Gleichungen berechenbar, muss endlich aufgegeben werden. Bereits das menschliche Denken bereitet hier unüberwindliche Schwierigkeiten. Auch viele Wissenschaftler haben erkannt, dass es an der Zeit ist, ein nichtlineares Weltbild anzunehmen, d.h. Annäherungswerte nur als solche anzuerkennen und nur als relative Wahrheiten zu begreifen.

So kommen auch die Wissenschaften wieder einen Schritt näher zu einem eher intuitiven, gnostischen Weltbild. Die Welt muss, weil sie unendlich komplex ist, mit Erklärungsmodellen vom Höchsten und Äußersten erklärt werden. Das magische Weltbild erklärt viele Phänomene durch (gedachte) nicht sichtbare Kräfte, so wie die klassische Religion alles mit der Handschrift Gottes versehen möchte. Ein magisches Weltbild ist sicherlich nicht notwendig, um die grundlegenden Funktionen der Gesellschaft zu verstehen. Um aber darüber hinaus Verstehen zu erlangen, die Welt zu durch-schauen, ist es zweifellos überaus nützlich.



2. Die Frage auf die es keine Antwort gibt


Ich versuche im folgenden (für mich selbst) einige weitere klar abgegrenzte Definitionen aufzustellen. Insbesondere, da die verwendeten Begrifflichkeiten im normalen Sprachgebrauch mehr als verschwommen sind. Ich versuche hier weder eine „Verwissenschaftlichung“ meiner Gedankengänge, noch geht es mir darum, zentrale menschliche Modelle in einfache Schubladen zu pressen – es soll vielmehr eine bildhafte, daher zunächst bewusst verkürzte, Basis für spätere Überlegungen gefunden werden. Es liegt an jedem Leser freilich selbst, zu überprüfen, ob diese Sätze in seinem Verständnishorizont Gültigkeit haben. Solcherlei hypothetische Überlegungen hindern selbst den Autor nicht, sie immer wieder neu anzuzweifeln.

Jetzt aber zur Sache: Es geht mir um die alte Frage, dir Metaphysiker seit langer Zeit beschäftigt: Was führt eher zum Ziel – Glauben oder Wissen? Dieses Dilemma wird schwerlich einfach aufzulösen sein, ebenso wie die notwendige Vorfrage dazu – Was trennt diese beiden Pole von der Magie, was verbindet sie? Ich möchte hier nur einige Gedanken streifen, die anderenorts tieferer Kontemplation bedürfen. Nur zu diesem Zwecke möchte ich die Komplexe in griffige Formeln und Definitionen packen:


A Wissen sei:

Summe von angeeigneten Kenntnissen ohne eigenen Erfahrungswert, tradiertes Wissen; Wissen ist konstituierende Grundlage der konsensualen Wirklichkeit


B Erfahrung(swissen) sei:

erinnerter Kern des Selbst-Bewusstseins aus Erlebtem und Erfahrenem


C Glaube sei:

spirituelle Bejahung des Unfassbaren, scheinbar auch Irrationalen; Aufrechterhalten dogmatischer Wahrheiten, ggf. auch entgegen anderer Erfahrung.


D Weisheit ist: Summe A+B

E Theologie ist: Summe A+C

F Spiritualität ist: B+C

G Tiefe Innere Überzeugung (TIU) ist: Summe A+B+C


H Magie sei:

Ein Erfahrungsweg der durch die Stufen A-C hindurchführt, sie aber transzendiert, d.h. darüber hinausgeht. Grundlage ist das erreichen von TIU, also einem Zustand, der die Grundformen menschlicher Erkenntnis verbindet.

Wer Magie erfahren will, muss also in sich das Amalgam der Zustände A, B, und C herstellen. Die optimale Dosierung ist aber je nach Menschentyp individuell unterschiedlich. Wer seine Erkenntnisse aus der Religion ziehen kann, dem wird der Glaube überwiegend genügen; ein anderer benötigt überbordende Praxis, um sich zu transformieren; wieder ein anderer mag Jahrzehnte lang Bücherwissen wälzen, um erst ganz am Ende seines Lebens erleuchtet zu werden. Auch dieses für dich „richtige“ Verhältnis herauszufinden, ist eine Aufgabe, die bewältigt werden will. Wichtig ist dabei aber, dass es in eigener Erfahrung geschehen muss, da eine Entwicklung sonst immer fremdbestimmt bleiben wird. Es dürfen nur Methoden und ggf. Korrekturen von außen vorgegeben werden, aber niemals der gesamte Weg, wie das in den überwiegend meisten Religionsgemeinschaften geschieht. Letztlich kommt es aber weniger darauf an, an die Magie starr zu glauben, als vielmehr den inneren Unglauben für die Zeit der Anwendung auszuschalten, um die Erfahrung einer veränderten Wirklichkeit zu ermöglichen. Denn unser Denken ist so darauf geschult, das Fremde, zunächst irrational Scheinende auszublenden, dass wir nicht mehr fähig sind, wirklich offenen Herzens durchs Leben zu gehen.

Das heißt zum einen, Öffnen für die Wirklichkeiten, die materiell vorhanden und möglich sind, doch mit einer „normalen“ Sicht der Dinge nicht erkennbar, weil sie sich hinter einem Vorhang verbergen. Auf der anderen Seite heißt es auch bewusstes Träumen, Erzeugen von Illusion und eine Prise kontrollierter Wahn. Über verschiedene Trancetechniken kann es gelingen, die Welt graduell anders wahr zu nehmen. Das bedeutet aber gerade nicht eine Flucht in Wahnvorstellungen, sondern den Versuch, die Welt aus einem anderen Blickwinkel zu bewerten, dem menschlichen Zusammenleben -und jedem Dasein auf der Erde- somit eine neue Qualität zu geben.


3. Eine neue Ethik


Ob man die angedeuteten Konzepte mit äußerster Skepsis oder mit warmer Befürwortung betrachtet, es dürfte Einigkeit bestehen, dass es allen Denksystemen, die sich anmaßen tiefer ans Wurzelwerk der Gesellschaft zu reichen, gemein ist, dass sie auf einer grundlegenden Ethik beruhen müssen, um nicht für Willkür offen zu stehen. Auf dem Stand des bisher Gesagten, glaube ich sagen zu dürfen, dass es im Lauf des vergangenen Jahrhunderts immer offenbarer wurde, wie notwendig es ist, dass neue Spiritualität auch einer neuen (aktualisierten) Ethik mitsamt einer zeitgemäßen Legitimation bedarf. Neu deshalb, weil neben bloßen ökonomischen Erwägungen und utilitaristisch-funktionalen Moralvorstellungen auch die psyche des Menschen zu berücksichtigen ist. Daneben sollten Existenzphilosophie, Religion(en), Magie und vergleichbare Systeme freier Spiritualität als tatsächliche Phänomene menschlicher Erlebniswelt eine gleichwertige Rolle einnehmen. Insgesamt müssen jedenfalls die geistigen Disziplinen wieder die überwiegende Argumentationskraft über die heute scheinbar alles beherrschende Ökonomie gewinnen, damit die Menschheit überhaupt eine (zumindest ideelle) Zukunft haben kann.

Dabei muss eine philosophisch gestärkte Ethik bestehen, die Staaten, Ideologien und Religionen übergeordnet ist, die für alle Menschen Gültigkeit haben kann, gleich einem kategorischen Imperativ der Humanität. Im Sinne eines natürlichen Rechts (gleichsam ein Natur-Gesetz) müssen Regeln gefunden werden, die von allen Systemen abgekoppelt sind und auch nicht im Ausnahmefall fortgenommen werden können. Schien ein solches universelles System von Menschenrechten vor einigen Jahren noch greifbar nahe, so sehen wir heute, dass die ideologische und systemorientierte Prägung der menschlichen Denkweisen immer neue Feindschaften erzeugen. Zudem erleben wir heute, wie selbst ehemalige Hüterinnen der Demokratie und Menschenrechte allzu leicht den Schritt gehen, einzelne Menschen oder bestimmte Gruppen als minderwertig einzustufen und ihnen ihre - eigentlich unveräußerlichen - Rechte abzuerkennen (oder euphemistischer, sie zu „suspendieren“). Aus diesen Erfahrungen folgt, dass der Begriff der Menschenwürde neu auszulegen ist, hin zu einem ganzheitlichen, seelenbetonten und wirklich unveräußerlichem menschlichen Lebens-Recht.

Bei der Formulierung solcher Regeln, ist das zugrunde gelegte Welt- und Menschenbild entscheidend, da sich jegliche ethische Grundlage aus der eigenen Weltanschauung ergibt. In dem hier vertretenen System gilt der Mensch als weithin freies, geistiges Wesen, das nicht auf das „Meßbare“ (wie in den vergangenen 200 Jahren geschehen) reduziert werden darf; ebenso strikt abzulehnen, ist eine Trennung in gute und böse Denk-/ Handlungsmuster, da sich diese Kategorien in der Regel relativ zum Betrachter verschieben. Kern des mag. Weltbildes ist letztendlich, dass sich jeder Mensch als wunderbares, einzigartiges Wesen darstellt. Jeder Mensch formt demnach – bewusst oder unbewusst – durch eine ganz ihm eigene Seelen-Alchimie in der Zeit zwischen Zeugung und Tod einen Haufen von Zellen zu einem höheren Bewusstsein. Wie der Geist untrennbar mit dem Körper verbunden ist, so muss auch die menschliche (Seelen-)Würde zwingend unveräußerlich sein und darf nicht an Bedingungen geknüpft werden!

Diese Erkenntnis, in vielen Verfassungen & Religionen zwar vorhanden, aber um der lieben Gruppeninteressen willen schmählich verkümmert, muss wieder ins Bewusstsein eines jeden Menschen gebracht werden, um das Zusammen- und Überleben des Menschen als genuin soziales Wesen zu ermöglichen. Auch wenn die Selbst-Entwicklung für den aktiv Suchenden in den Vordergrund zu stellen ist – die parallele Ausarbeitung einer universellen Ethik darf dbei nicht vergessen werden!



IV

Was daraus folgt – Maximen zur MWM



Zum Abschluss sollen noch einige Folgerungen gezogen werden, die sich mir durch die Beschäftigung mit einem magischen Weltbild ergaben. Sie mögen einem Suchenden als Grundlage für Kontemplation dienen. Gerne bin ich auch für weitere Anregungen oder weiterführende Gedankengänge dazu dankbar –


1. Subsidiarität des magischen Weltbildes

Okkulte Begrifflichkeiten sind nur im Bereich der dunklen und rational nicht verstehbaren Vorgänge anzuwenden, also da, wo eine solche Benutzung Nutzen bringt. Insbesondere sollte man sich vor Verallgemeinerung und Abnutzung tiefer seelischer Inhalte hüten.


2. Alltagsbezogene Spiritualität

Es gilt die Maxime des Sokrates, Alle Philosophie muss zur Lösung praktischer Fragen des täglichen Lebens dienen, auch für die Spiritualität – jede Erkenntnis ist nutzlos, wenn sie nicht Antworten für die gesamte Lebensausrichtung geben kann. Spiritualität und ein Magisches Weltbild ist kein Fluchtmechanismus aus der Welt sondern ein Weg sie zu durchdringen und so zu verstehen.


3. Dynamische Verständnismodelle

Jedes System, das statisch und dogmatisch ist muss irgendwann absterben. Wir haben heute ein Höchstmaß an Unbeständigkeit von Strömungen und menschlichen Begrifflichkeiten und Vorstellungen erreicht. Wenn wir aber heute noch ein System der ewigen Werte (oder der wahren Ideen im neuplatonischen Sinne) errichten wollen, muss dieses höchst dynamisch sein und verwandelten äußeren Strukturen folgen können. Jedes in diesem Sinne moderne Verständnismodell von Welt & Mensch muss nichtstatisch und entwicklungsbezogen angelegt sein. Nur so kann das Innerste dieser Weisheit bewahrt werden.


4. Studiere altes Wissen

Märchen, Mythologien und magische Überlieferungen dürfen nicht weiter als „alter Aberglaube“ abgetan, sondern müssen als Landkarten des Unterbewußten verstanden werden. Auch heute noch können sie uns verborgene Wege aufzeigen, auch wenn sich die Topographie der Psyche heute in vielen Punkten gewandelt haben mag. Dieser Vorgang der als phantastisch zu nennende Abstraktion etwa in der Alchimie oder in religiösen Mysterien anzutreffen ist, ist als Haltbarmachung von Wissen für spätere Zeitalter anzusehen, da auf dem weg über das Unterbewusste uns ein sogenanntes Ahnengedächtnis erschlossen wird. In diesen Wege haben unsere Vorfahren ihr wissen in codierter weise überliefert.

Mythologien und okkultes Denken werden damit als bildliche Beschreibung – psychische Metaphern – des Unfassbaren verstanden. Wie die Kunst auch, sind sie legitime Mittel, um komplexe Vorgänge der Welt oder der Psyche zu erhellen; wenngelich in diesem Bereich immer die Dunkelheit der bestimmende Faktor bleibt und der Mensch stets nur einen Ausriss, von einer schwachen Fackel erhellt, erblicken kann. Oder wie die Bibel bereits schreibt: Das Erblicken des Göttlichen Lichtes (=der Weisheit) in seiner Gesamtheit würde den Menschen auf der Stelle töten, seine fragile Bewussteinsstruktur zerreissen...


5. Die Möglichkeit des Heiligen

Das Heilige, Erhabene und damit die Möglichkeit zu Erkenntnis ist als im Menschen angelegt zu sehen, genau so wie das niedrige, nur selbstbezogene Verhalten, das den inneren Kern so häufig verdeckt. Leider sind die meisten Menschen unseres Planeten so sehr in materiellen Bedürfnissen und Wünschen und Gier nach Besitz und Macht verstrickt, dass man nicht sagen könne, die Menschheit habe auf ihrem Weg zu den Sternen bereits auch nur einen Schritt getan. Mit Nietzsches Zarathustra ist zu sagen: der Mensch ist ein Wille und ein Übergang – eine Brücke ist er zum Übermenschen (also dem höheren Sein) – doch mehr ist er noch nicht. Der Weg ist noch weit.


6. Finde die Positionen & Momente in denen Du eins bist mit dem Universum – sie sind es in denen dein Leben Sinn macht!

Keine Erklärung ist hier möglich, die für alle gilt – Du allein kannst gültige Antworten darauf finden. Dieser letzte Punkt sei ganz deinem Willen unterworfen, Erfahrungen zu machen, dich zu verwandeln und am Wandel zu wachsen!